Neues Wachstum von Gunter Pauli | Wenn grüne Ideen nachhaltig "blau" werden | ISBN 9783942276009

Neues Wachstum

Wenn grüne Ideen nachhaltig "blau" werden

von Gunter Pauli
Buchcover Neues Wachstum | Gunter Pauli | EAN 9783942276009 | ISBN 3-942276-00-3 | ISBN 978-3-942276-00-9
Manager, Interessierte am Thema nachhaltiges Wirtschaften, Engagierte im Bereich Ökologie.

Neues Wachstum

Wenn grüne Ideen nachhaltig "blau" werden

von Gunter Pauli

Auszug

Vorwort zur Neuausgabe
Als ich 2002 zum ersten Mal von Gunter Pauli und ZERI hörte war die Zeit der Agenda 21 Prozesse in Deutschland. Das Wort „Nachhaltigkeit“ kam in aller Munde und Variationen vor. Ich selbst war auf der Suche nach einer Perspektive, durch nachhaltiges Wirtschaften neue Möglichkeiten für meine Selbständigkeit zu finden. In allen Diskussionen mit den Vordenkern der Agendaprozesse hörte ich immer wieder die Zielsetzung des gesellschaftlichen Wandels, der Neustrukturierung von Wirtschaftsprozessen wurde aber nur eine untergeordnete Rolle zugesprochen. „Der Konsument muss über die Forderung von nachhaltigen Produkten Druck auf die Märkte ausüben“ war der einheitliche Tenor, nicht aber, die Wirtschaft solle über neue Wertschöpfungsmodelle ein gesteigertes Eigeninteresse an einem nachhaltigen Produktsortiment haben. Somit war Nachhaltigkeit bestimmt von Idealisten und Entwicklern der Gesellschaftspolitik, und nicht Motor einer neuen Wirtschaftskultur. Diesen Sprung von gesellschaftlicher Verantwortung hin zum unternehmerischen Handeln fand ich im Buch von Gunter Pauli „Upcycling“. Die Essenz: Keine Verschwendung von Ressourcen, kein Abfall, sondern die Möglichkeit, aus Abfall neue Wertschöpfungsketten so zu erzeugen, dass eine tausendfache Potenz betriebswirtschaftlicher Ergebnisse möglich erscheint. Schnell stellte sich mir die Frage, ob dies nur Ideen sind oder ob es der Realität entspricht. Aber da waren ja die vielen Beispiele weltweit die solche Prozesse schon umgesetzt hatten. Warum wird ein solches System nicht konsequent in der Wirtschaft umgesetzt? Warum wird eine solche Idee nicht zu Leitidee einer ganzen Gesellschaft? Erschrocken las ich, dass auf der Expo 2000 all dieses Potenzial schon einmal präsentiert wurde. Die Begeisterung war schon einmal da, Regierungschefs wie Gerhard Schröder oder Wissenschaftler wie Ernst Ulrich von Weizsäcker, alle bejahten diese neue Denkweise: Ein systemischer Ansatz, der Abfälle zu Rohstoffen deklariert und damit einen Kreislauf der Stoffströme erzeugt. Aber wieso ist wieder alles eingeschlafen, wieso hat sich in Deutschland nichts bewegt? Aus dieser Fragestellung heraus hat sich eine Gruppe von Menschen auf den Weg gemacht, die von Gunter Pauli aufgezeigte Denkweise dauerhaft in Deutschland zu manifestieren. Mein besonderer Dank gilt hier dem 2008 verstorbenen Prof. Dr. Volker Volkholz. Er war es, der über Jahre hinweg den Gedanken von ZERI in Deutschland am Leben erhalten hat. Wie kein anderer formulierte und verbreitete er immer wieder die Denkweise „keine Verschwendung von Natur und Humanressourcen“ als Leitbild einer öko-humanen Gesellschaftskultur. Er war es, der mir persönlich das Buch Upcycling und die Thesen von Gunter Pauli nahegebracht hat und so den Grundstein für den heutigen Verein ZERI Germany legte. Doch worum geht es bei diesen Ideen und Projekten rund ZERI? Meiner Meinung nach geht es um die Einfachheit. Über mehrere Jahrzehnte wurde die Losung nach Spezialisierung ausgeben. Nur die Spitze bringt Gewinn: Maximaler Profit bei minimaler Breite. Wir halten uns an Effizienzwerten einzelner Technologien auf anstatt ganzheitliche Technologie mit etwas niedriger Effizienz aber vielfach höherer Wertschöpfung zu realisieren. Gerade hier liegt die besondere Chance für kleine und mittelständische Unternehmen, sich neu und zukunftsfähig auf den Weltmärkten zu positionieren. Denn die Welt hat sich verändert: Globalisierung, schnellere Produktzyklen und Produkte für unterschiedlichste Weltmarktstrukturen benötigen neue Allianzen in der Zusammenarbeit. Hierzu hat ein Team in Deutschland rund um ZERI in den letzten acht Jahren geforscht, experimentiert und zusammen mit Gunter Pauli an der ZERI Methodik gearbeitet – immer mit dem Ziel vor Augen, nicht theoretische Modelle zu erforschen, sondern praxisbezogene Beispiele aufzubauen oder in der Welt als Vorlage zu finden. Wir identifizierten Unternehmensstrukturen die aufzeigen, dass sich diese Denkweise auszahlt und sich ein hoher unternehmerischer Erfolg durch die konsequente Nutzung von Stoffstromkreisläufen und naturnaher Prozesse einstellt. Weltweit sind in den letzten Jahren auf diese Weise 3.000 Beispiele gesammelt worden, die diese Perspektiven aufzeigen. Die ersten konnten in marktreife Produkte überführt werden. 2008 stellten wir in Bonn bei der Biodiversitäten Konferenz die ersten Beispiele der Öffentlichkeit vor und erfuhren eine umwerfende Resonanz. 2009 wurden 100 Beispiele als Report an den Club of Rome veröffentlicht. Um dieser Entwicklung einen Rahmen zu geben sprechen wir heute daher von einer „Blue Economy“: Wir gehen den Schritt von der grünen Nachhaltigkeit zur blauen Allianz. Ziel der Allianz ist es, alle Beteiligten in ihren Kernkompetenzen zu unterstützen, dabei jedoch durch einen erweiterten Blickwinkel mit neuen Impulsen für eine erweiterte Wertschöpfungskette zu inspirieren. Dann entsteht neues Wachstum aus der Balance der Wirtschaft, getrieben von nachhaltigen Innovationen, mit ausgewogener Verortung und gesunder Finanzierung. Die Gesetze der Natur werden respektiert. Nur so wird sind wir in der Lage, bei steigenden Bevölkerungszahlen und wachsendem Hunger der Wirtschaft nach Ressourcen eine Gleichberechtigung von Natur und Wirtschaft zu erlangen. Ziel dieser Vorgehensweise ist nicht, die Menschen dieser Erde auf Verzicht zu trimmen, vielmehr geht es um neue Produktinnovationen, die nachhaltigen Konsum ermöglichen. Das Buch „ Neues Wachstum“ ist die völlige Überarbeitung von Upcycling aus dem Jahr 1999. Lang Zeit hat es von ZERI Germany keine Publikation für den deutschsprachigen Raum gegeben. Jetzt 2010 sehen wir die Chance, mit einer Serie von Büchern das Bewusstsein für die ZERI Methodik und der „Blue Economy“ im deutschsprachigen Raum zu entfachen und beginnen mit dem Basiswerk „Neues Wachstum“. Mein herzlicher Dank gilt dabei dem Team der mia in Ahlen und Ulrike Weber für die tatkräftige Mitarbeit sowie Andrea Preißler-Abou el Fadil für das Lektorat. Danke auch an Haiko Pieplow für die Inspiration zu gemeinsamen Projekten sowie Udo Blum und dem Netzwerk rund um den Berliner Innovationskreis für den kreativen Input. Dank zu guter Letzt den vielen Menschen in Deutschland und in aller Welt, die ZERI seit Jahren unterstützen, vorantreiben und mit aller Überzeugungskraft an einer neuen Wirtschaft und einem neuen Wachstum arbeiten.
Markus Haastert