Pauls wundersame Reise von Anja Ludwig | ISBN 9783942237000

Pauls wundersame Reise

von Anja Ludwig, illustriert von Anja Ludwig
Buchcover Pauls wundersame Reise | Anja Ludwig | EAN 9783942237000 | ISBN 3-942237-00-8 | ISBN 978-3-942237-00-0
Leseprobe

Pauls wundersame Reise

von Anja Ludwig, illustriert von Anja Ludwig

Auszug

Tipp, tipp klopft es in Pauls Köpfchen. Tipp, tipp, tipp. Paul ist dabei, sich eine wichtige Idee aus dem Kopf zu klopfen. Immer wieder mit dem Zeigefinger gegen die Stirn. Tipp, tipp, tipp. Doch der Kopf ist fast so leer wie die Schüssel mit den Bonbons. Und die hat Mama heute besonders weit nach oben gestellt. Mit seinen 5 Jahren ist Paul wahrlich schon groß. Nur noch ein bisschen zu klein für zu viele Bonbons und zu große Stühle. Der Stuhl auf dem Paul sitzt, ist wirklich für sehr große Leute gemacht. Das ist aber gar nicht schlimm. So kann man die Füße ganz wunderbar baumeln lassen. Vor und zurück und auch mal im Kreis. Eigentlich hilft das toll beim Nachdenken, aber heute ist 's wie verhext. Vor Paul wartet ein weißes Blatt Papier. Seit einer halben Stunde schon! Wie ein großes Fragezeichen liegt es da. Angestrengt blicken Pauls blaue Augen von links nach rechts und wieder zurück. Nichts. Langsam schaut er von oben nach unten und wieder zurück. Nichts. Missmutig stützt Paul den Kopf auf die Hände und seufzt:
„Wüsste ich nur, wie ich das schönste Bild der Welt male!“. Neugierig forscht Paul in den Augen seiner Mama. Die wusste so was! Und als könnte die Antwort nicht einfacher sein, antwortet sie prompt: „Willst du ein schönes Bild malen, musst du das Schöne suchen!“. Pauls Augen beginnen zu leuchten. Aber na klar! Was soll ich hier in der Küche schon entdecken? Dabei ist die Welt voller Dinge, die nur darauf warten, gemalt zu werden. In Windeseile saust Paul in den Garten. Was soll ich zuerst malen, schießt es ihm durch den Kopf. Die Blümchen, wie sie ihren Hals zum Himmel empor strecken? Die Bienen, wie sie den süßen Nektar aus den Blüten saugen? Oder die Schmetterlinge, die ihm neckisch vor der Nase herumtanzen? Es muss alles auf mein Bild, war sich Paul sicher. All das zusammen ist so viel schöner als nur ein Teil davon! Da flüstert vom Himmel her ein Stimmchen. Ganz leise ist es, so dass kein Erwachsener es hören könnte:
„Wenn du willst, zeige ich dir noch viel mehr. Ich bin mir sicher, es gefällt dir sehr!“ Neugierig durchstöbern Pauls Augen das blaue Himmelszelt. Dort ganz weit oben schwebt eine kleine, weiße Wolke. Hatte die ihm soeben zugezwinkert? Misstrauisch schüttelt Paul den Kopf und reibt sich die Augen. Als Paul erneut in den Himmel hineinblinzelt, schwebt das Wölkchen zum Greifen nah über ihm. Kaum lauter als das Brummen der Bienen flüstert es:
„Ich zeige dir die schönsten Dinge der Welt. Ich zeige dir alles, was dir gefällt.“
[…]
Bis zum Meer streckt die Sonne ihre Strahlen aus. Lauter winzig kleine Tröpfchen fischt sie aus dem Wasser und kichert dabei:
„Wassertropfen ärgern gehört zu meinem größten Spaß. Mit meinen Strahlen kitzele ich das winzige Nass. Bald wird es den Tropfen so richtig heiß, es wird geschimpft, es fließt der Schweiß. Dem Wasser wird das Nass genommen, und Wasserdampf dabei gewonnen. Die Wissenschaft sagt, die Verdunstung tritt ein. Verdunstete Tropfen sind ganz klitzeklein. Du kannst sie nicht spüren noch sehen bei Licht, doch vor mir verstecken, können sie sich nicht. Als warme Luft steigen die Tropfen nach oben und werden dort kräftig zusammengeschoben. Schnell bildet sich ein großes Gewühl, denn oben am Himmel – dort ist es kühl. Schließlich kann ich nicht überall heizen! Irgendwo muss auch ich einmal geizen. Sieh an, im Gedränge, was da so geschieht, die kleineren Tropfen man bald übersieht. Mit anderen Tröpfchen vereinen sie sich, bilden Berge von Wasser, Wolken mit Gewicht. Wird einer Wolke das Wasser zu schwer, dauert’s nicht lang und der Bauch ist leer. Wenn die Tropfen schließlich auf die Erde niedergehen, ist von der Wolke bald nichts mehr zu sehen.“