Apollons verlorene Kinder von Willi F. Gerbode | Bei den Griechen in der Schuldenkrise | ISBN 9783942027021

Apollons verlorene Kinder

Bei den Griechen in der Schuldenkrise

von Willi F. Gerbode
Buchcover Apollons verlorene Kinder | Willi F. Gerbode | EAN 9783942027021 | ISBN 3-942027-02-X | ISBN 978-3-942027-02-1
Inhaltsverzeichnis
für alle Griechenlandinteressierten, Reisende und Touristen, aber auch für die, die sich über die Hintergründe der Euro- und Schuldenkrise informieren wollen

Apollons verlorene Kinder

Bei den Griechen in der Schuldenkrise

von Willi F. Gerbode
Während das Merkel-Sarkozy-Europa angesichts der griechischen Wirtschaftsdaten erstarrt, nimmt Griechenland-Kenner Willi F. Gerbode, der seit vielen Jahren das Land bereist, die Hellenen selbst in den Blick. Statt über diese nur zu reden, hat er im Krisen-Sommer 2011 mit den Menschen gesprochen – in ihrer eigenen Sprache und auf Augenhöhe. Nun gibt er ihnen in Apollons verlorene Kinder, den Aufzeichnungen seiner 8-wöchigen Reise, eine Stimme. Da ist z. B. der totkranke Frührentner Jánnis auf Paros, dessen staatliche Hilfe restlos gestrichen wurde und der nun um die Zukunft seines Sohnes bangt; da ist die Putzfrau Iréni auf Rhodos, deren Familie trotz ihres Vollzeitjobs im Staatsdienst auf die Zuwendungen ihres greisen Schwiegervaters angewiesen ist; und auch der junge arbeitslose Volkswirt Pétros kann sich nur mit dem Verkauf von Postkarten über Wasser halten.
Die reine Opferrolle lässt Gerbode den Griechen allerdings nicht durchgehen. Für ihn sind die Hellenen sie nicht nur ein Spielball der Verhältnisse, sondern haben diese durch ihre Mentalität selbst herbeigeführt. In ebenso ironischem wie mitfühlendem Ton schildert er ihr Denken und Handeln, nicht selten geprägt durch das Motto: Jedem das seine und mir – alles. Und er führt damit Gedanken seines letzten Buches Erdogan, Papandreou & ich fort. Immer wieder geraten die Absurditäten griechischen Wirtschaftens unter Gerbodes spitze Feder. „Man muss eine Lösung finden„, diesen Satz hörte er immer wieder auf den Straßen und in den Cafés. „Man“, darin sieht der Autor ein grammatikalisches Indiz dafür, dass der Grieche persönlich keine Verantwortung für das Gemeinwohl übernehmen will. Schuld seien immer die anderen: die Reichen, die Politiker, die Ausländer, das internationale Kapital. Nachdem der Grieche jahrzehntelang nur seinen eigenen Vorteil gesucht habe, stehe er jetzt da: persönlich betroffen, Gewehr bei Fuß für eine soziale Revolte, in der die zahlreichen Streiks nur die Ouvertüre für eine griechische Tragödie seien. Und an deren Ende stehe bekanntlich immer die katastrophí, angesichts derer die Radikalen von Rechts und Links bereits jetzt vor den Fleischtöpfen der Macht lauern. Und ihre Chancen stehen gut.
Mit Apollons verlorene Kinder gibt Willi F. Gerbode nicht nur Einblicke in die griechische Gesellschaft, sondern auch in die Wirtschafts- und Machtstrukturen des Landes. In verständlicher Sprache stellt der Autor ökonomischen Zusammenhänge dar und reflektiert kritisch die Art und Weise, in der die deutsche Öffentlichkeit Vorurteile schürt. So vergleicht sie z. B. die angeblich so komfortable griechische Altersversorgung mit der deutschen. Aber auch das Handeln der Politiker gerät in seinen Blick. Diese verteidigen ihr Handeln gern mit Anleihen bei den Altvorderen. Ex-Premier Papandréou zum Beispiel, wenn er dem Fernsehpublikum voller Pathos predigte, dass er und die Griechen sich – Odysseus und seinen Gefährten gleich – lange in schwerem Fahrwasser befänden; dass „man“ aber, nach Jahren der Entbehrung, die Krise meistern und in den sicheren Hafen einlaufen werde. Gerbode fügt hinzu, was der Regierungschef verschwieg: Die meisten Gefährten des homerischen Helden blieben dabei auf der Strecke.