Kartographische Mustererkennung von R E Stengele | Rasterorientierte Verfahren zur Erfassung von Geo-Informationen | ISBN 9783906513669

Kartographische Mustererkennung

Rasterorientierte Verfahren zur Erfassung von Geo-Informationen

von R E Stengele, Vorwort von A Carosio
Buchcover Kartographische Mustererkennung | R E Stengele | EAN 9783906513669 | ISBN 3-906513-66-1 | ISBN 978-3-906513-66-9

Kartographische Mustererkennung

Rasterorientierte Verfahren zur Erfassung von Geo-Informationen

von R E Stengele, Vorwort von A Carosio
Geo-Informationssysteme gelten als eine Schlüsseltechnologie der Zukunft und sind bereits heute in vielen Anwendungsbereichen ein unentbehrliches Instrument zur Erfassung, Verwaltung, Verarbeitung und Präsentation raumbezogener Daten. Die Erfassung raumbezogener Daten ist in aller Regel zeit-, personal- und damit kostenintensiv. Es liegt daher nahe, den Informationsgehalt der in grosser Vielfalt vorliegenden analogen Karten- und Planwerke für die digitale Technologie der Geo-Informationssysteme zu erschliessen. Insbesondere topographische Kartenwerke sind aufgrund ihrer neutralen Geometrie- und Sachaussage als Basisinformation für viele GIS-Anwendungen geeignet.
Die Scannertechnologie bietet die Grundlage für die automatische Erfassung analoger Speichermedien an. Eine über die Visualisierung hinausgehende Informationsverarbeitung erfordert die analytische Behandlung von Rasterbildern, um deren logische Bildinhalte zu extrahieren. Diese komplexe Aufgabe lässt sich automatisieren, indem Computerprogramme die menschliche Interpretationsfähigkeit bei der optischen Sinneswahrnehmung simulieren. Aktivitäten in diesem Gebiet konzentrieren sich auf die wissenschaftliche Disziplin der Mustererkennung, einem Teilgebiet der Künstlichen Intelligenz.
Die vorliegende Arbeit gibt einen Überblick über Techniken der Mustererkennung zur Interpretation kartographischer Vorlagen, nachfolgend als Kartographische Mustererkennung bezeichnet. Die Charakteristiken dieses Anwendungsgebietes und das Studium bekannter Arbeiten führten zur Erkenntnis, dass vermehrt rasterorientierte Ansätze in den Erkennungsprozess zu integrieren sind. Bisherige Ansätze gehen zumeist von einer Konversion des Rasterbildes in Vektorform aus und klassifizieren Muster aufgrund topologischer und metrischer Merkmale, die aus Vektordaten abgeleitet werden. Unvermeidbare Informationsverluste bei der Konversion wirken sich jedoch nachteilig auf den Musteranalyseprozess aus.
Der Vergleich zweier Rasterbilder wird in der Digitalen Bildverarbeitung durch Korrelationsmodelle realisiert. Beim speziellen Korrelationsverfahren des Template Matchings wird ein synthetisch erzeugter, in Rasterform vorliegender Vertreter einer Musterklasse in einem Rasterbild gesucht. Hierbei wird für jede Position ein Ahnlichkeitsmass zwischen diesem Template und dem von ihm überdeckten Teil des Bildes berechnet. Um das Potential dieses Verfahrens für die Kartographische Mustererkennung freizulegen, muss es in zweierlei Hinsicht optimiert werden:
  • Höhere Erkennungsraten ergeben sich durch eine Ähnlichkeitsberechnung, die sich gegenüber kleinen Variationen der Muster einer Musterklasse (Grössenunterschiede, Verkantungen, Variation der Strichstärken etc.) robust verhält.
  • Akzeptable Rechenzeiten werden nur durch eine streng hierarchische Strategie erzielt.
Von zentraler Bedeutung für beide Optimierungsziele ist ein gewichteter Ansatz zur Ähnlichkeitsberechnung. Der Ansatz basiert auf der Idee, dass die einzelnen Pixel eines Templates von unterschiedlicher Bedeutung für die Form eines Musters und damit für dessen Identifikation sind. Durch die Zuordnung unterschiedlicher Gewichte werden hoch-signifikante, signifikante und unbedeutende Pixel des Vorder- und Hintergrundes unterschieden. Diese Zuordnung kann ein Anwender durch unterschiedliche Farbgebung mit einem Rastereditor vornehmen. Schwer formulierbares Wissen über die spezielle Form eines Musters und über die feinen Unterschiede zu ähnlichen Mustern kann somit auf graphische Art und Weise sehr effizient in den Erkennungsprozess eingebracht werden. Die Bibliothek aller verfügbaren Templates stellt mehr als einen reinen Datenbestand dar, sondern repräsentiert Wissen in einer graphischen Darstellungsform. Dieses wissensbasierte Template Matching eignet sich beispielsweise zur Extraktion aller horizontal ausgerichteten Kartenschriften und in umfangreichen Stichproben wurde eine Erkennungsrate von 95.8% in der topographischen Karte 1:25'000 des Bundesamtes für Landestopographie erzielt. Auch beliebige kartographische Signaturen können zuverlässig lokalisiert werden, vor allem auch dann, wenn diese andere Graphikelemente berühren oder überlappen und keine isolierten Elemente der Kartengraphik sind.
Verschiedene lokale Rasteroperationen werden gezielt kombiniert, um die in schwarzem Vollton gehaltenen Gebäude- und Siedlungsflächen in einer topographischen Karte zu extrahieren. In einem typischen Kartenblatt im Massstab 1:25'000 können 98% der ca. lO'OOO Gebäude automatisch erfasst werden.
Schwerpunkt eines Forschungsprojekts zur Kartographischen Mustererkennung war die Realisierung eines rasterorientierten Programmsystems, wobei einige spezielle Randbedingungen zu berücksichtigen waren. Anhand mehrerer potentieller Anwendungen im Umfeld von Geo-Informationssystemen und Kartographie wird das vielfältige Einsatzspektrum angedeutet: Datenakquisition zum Aufbau landesweiter Informationssysteme (z. B. Datenbank geographischer Namen, Projekt Vektor25 des Bundesamtes für Landestopographie), Unterstützung kartographischer Arbeitsabläufe (z. B. Nachführung, Schriftplazierung) oder gezielte Datenerfassung für verschiedenste GIS-Anwendungen (z. B. Dokumentation des Landschaftswandels, Objektmodellierung zur Erzeugung von 3D-Landschaftsbildern).