Die Gemählde

Seit dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts wurde die moderne Kunstkritik zur Rivalin der systematischen Ästhetik. Sie gewann und überprüfte ihre Begriffe vom Schönen nicht mehr nur in der Bibliothek, sondern in den Kunstkabinetten und Antikensammlungen, in Gemäldegalerien und den „Salons“. An die Stelle des Traktats setzte sie die Bildbeschreibung. Der bedeutendste Beitrag der deutschen Frühromantik zu dieser von Diderot glanzvoll und mit europäischer Wirkung begründeten Tradition ist August Wilhelm Schlegels Gespräch Die Gemälde. Es setzt der Dresdner Gemäldegalerie ein literarisches Denkmal und ist kongeniales Gegenstück zu Friedrich Schlegels Gespräch über Poesie. Es zeigt, daß das Interesse der Frühromantiker an der bildenden Kunst sich nicht in der Rehabilitierung der altdeutsch-christlichen Malerei erschöpfte. Denn es hat keinen geringeren Anspruch als den, die Maler der italienischen Renaissance den Sachwaltern des Klassizismus zu entführen und zu Kronzeugen des romantischen Kunstprogramms zu machen.