Verschlungene Pfade

Erst nach dem Tod des rastlosen Reisenden erfuhr ein größeres Publikum, daß Chatwin unterwegs auch photographiert hatte – im Grunde nicht erstaunlich bei einem Mann, der den »absoluten Gesichtssinn« besaß. Was seine Texte auszeichnet, läßt sich auch an den hier versammelten Photos ablesen: die Liebe zum Kontrast – hier die prächtige, von Gold und Email blitzende Kuppel einer Moschee, dort eine aus Lehm und Kuhdung fabrizierte Hütte –, der Sinn fürs magische Detail – das verblassende naive Fresko in einer verlassenen Kirche, das Fahrrad, das mitten in der peruanischen Wüste an einem Telegraphenmast lehnt –, die Neigung zu Kuriosem – der zum Vogelkäfig umfunktionierte Fernseher, der Schlupfwinkel von Butch Cassidy in Patagonien – und immer wieder die schiere Freude an Farben und Formen. Viele Orte sind den Lesern Chatwins aus seinen Büchern vertraut: die Wüsten Afrikas und Südamerikas, Städte im Senegal, im Iran und in Afghanistan, nepalesische Häuser, patagonische Interieurs. Und überraschenderweise tauchen dann und wann heimischere Motive auf, aus England und den USA. Die Auswahl der Photos und das Vorwort stammen von Roberto Calasso, Chatwins italienischem Verleger, der zugleich Autor ist (zuletzt erschien Der Untergang von Kasch, deutsch 1997) und der Chatwins schriftstellerische Laufbahn von Anfang an verfolgt hat.