Stunde der Totengräber von Hans Hellmut Kirst | ISBN 9783942932691

Stunde der Totengräber

von Hans Hellmut Kirst
Buchcover Stunde der Totengräber | Hans Hellmut Kirst | EAN 9783942932691 | ISBN 3-942932-69-5 | ISBN 978-3-942932-69-1

Stunde der Totengräber

von Hans Hellmut Kirst
Jene Ereignisse, von denen hier zu berichten sein wird, geschahen in den ersten Monaten des Jahres 1943, in einer Gegend, die sich weit abseits von den Hauptstraßen des Krieges zu befinden schien. Doch sie lassen sich nicht in totale Vergessenheit versenken wie so manche andere. Denn dort existieren, immer noch, einige Gräber aus jenen Tagen; und nachweisbar sind auch Dokumente: Akten, Briefe, Tagebücher, Vernehmungsprotokolle, Zeugenaussagen.
Dabei hatte es sich offenbar um den Versuch oder eben um Versuchungen gehandelt, eine gewisse Menschlichkeit walten zu lassen. Ein Hauptmann des Heeres, ein gewisser Rudolf, glaubte offenbar selbst jetzt noch an die Möglichkeit, das bereits entfesselte Inferno noch in halbwegs humane Bahnen lenken, wenn nicht gar einem schnellen Ende zuführen zu können.
Womit er sich auf ein ebenso frappierend-fragwürdiges wie wohl auch beklemmend-verwunderliches Abenteuer eingelassen hatte. Worin dann aber auch - von ihm niemals gewollt, versicherte er, solange er das noch konnte - völlig unvermeidbar etliche andere Lebewesen verwickelt werden sollten, mußten: sich brav-bieder wähnende Bürger; einsatzbereite Weiblichkeit; anständig-gutmütige Befehlsempfänger; nur unauffällig dahinleben wollende Mitmenschen.
Doch war das Schaufeln von Gräbern - für wen, wie und weshalb auch immer - keine einsame, ungern wahrgenommene Ausnahme mehr. Es drohte in jenem Deutschland, Anfang 1943, zu einer nahezu banalen, alltäglichen Erscheinung zu verkommen. Das allerdings nicht - manchmal nicht - ohne ein letztes großes Gelächter.
Dabei ließen sich auch einige der angeblich ganz Ehrenwerten auf eine Art Duell ein. Sie konnten nicht ahnen, daß sie sich bereits zum Tode verurteilt hatten. Sie waren nur noch bestimmt dazu, als Totengräber in Funktion zu treten. Auch für sich selbst.