Geschichten aus dem Hainichland von Volker Mörstedt | Winter ade! | ISBN 9783942726047

Geschichten aus dem Hainichland

Winter ade!

von Volker Mörstedt, illustriert von Henriette Kraus
Buchcover Geschichten aus dem Hainichland | Volker Mörstedt | EAN 9783942726047 | ISBN 3-942726-04-1 | ISBN 978-3-942726-04-7

Geschichten aus dem Hainichland

Winter ade!

von Volker Mörstedt, illustriert von Henriette Kraus

Auszug

„Wodan, weißt du, wo wir hier sind? Da, wo wir herkommen, ist noch alles tief verschneit und hier blühen die schönsten Frühlingsblumen!“, fragte Haino seinen Freund. „Dat weit ich nicht! Et it aber schön!“, antwortete dieser. Beide knieten sich nieder, um den betörenden Duft der wunderschönen Blumen zu riechen, als plötzlich, wie aus dem Nichts, ein großer, stolzer Kickelhahn vor ihnen erschien. „Vorsicht! Zertrampelt nicht die Blumen! Sie sind die Boten des Frühlings und eines der Meisterwerke meiner Herrscherin!“, krähte der stolze Hahn. „Wer bit denn du, dat du den Schnabel to weit aufreiten kannt?“, plusterte sich Wodan sofort auf. „Ich bin der Verkünder des Lichtes und des Tagesbeginns! Ich gehöre zum Hofstaat meiner lieben Königin!“, erwiderte der stolze Hahn. Haino betrachtete sich den Hahn. „Gestatten, mein Name ist Haino. Ich bin der Hainichwichtel und komme mit meinem Freund Wodan aus dem Hainichland. Würdest du uns zu Deiner Herrscherin bringen? Vielleicht kann sie uns bei der Suche nach unseren verschwundenen und entführten Freunden behilflich sein?“ Der Hahn musterte die beiden. „Dich und den Brezelfresser? Zu meiner Königin?“ überlegte der Hahn laut. „Ich bin ein Drache und kein Bretelfretter!“, brüskierte sich Wodan. „Nein, nicht Bretelfretter! BREZELFRESSER!“, amüsierte sich der Kickelhahn. „Herr Hahn, Wodan hat einen Sprachfehler. Er kann das „S“ nicht aussprechen!“, erklärte Haino. „Ach so! Entschuldigung, wusste ich nicht!“, entschuldigte sich der Hahn. „Kommt und folgt mir!“ Er schritt vorsichtig voran und bat die zwei, darauf zu achten, dass sie kein Ei beim Laufen zertreten würden. „Wieso? Liegen denn auf der Wiese Eier herum?“, wunderte sich Haino. „Ja, natürlich! Ei und Brezel sind Zeichen meiner Herrscherin! Das Ei bedeutet Fruchtbarkeit und die Brezel die Unendlichkeit im Wechsel der Jahreszeiten!“ Haino überlegte: „Frühling, Sommer, Herbst, Winter, Frühling, Sommer, Herbst, Winter, Frühling, Sommer, Herbst, Winter … ?! Das stimmt! Die Jahreszeiten wiederholen sich immer und immer wieder. Und die Brezel? Sie hat keinen Anfang und kein Ende, wie eine 8! Und das Ei? Aus einem Ei schlüpft ein Huhn und ein Huhn legt ein Ei. Was ist zuerst da? Ei oder Huhn? Beide sind fruchtbar! Doch was war zuerst da?“ Vor lauter Überlegen bemerkte Haino nicht, dass sie ihrem Ziel sehr nahe gekommen waren. „Wartet bitte! Ich fliege jetzt zu meiner Königin auf die „Hohe Sonne“ und melde euch an!“, krähte der Hahn und flatterte ungeschickt los. Haino und Wodan warteten brav. „Weit du wat, Haino? Mit dir it immer wat lot! Immer gibt es Abenteuer mit dir!“ „Quatsch, Wodan! Ich kann nichts dafür! Ich habe gar nichts gemacht! Ich suche nur nach meinen Freunden. Und dich habe ich ja schließlich gefunden! Ich möchte nur wissen, wo wir hier sind und ob wir wieder in unseren Hainichwald zurückkommen!“ Weiter konnten sich die Freunde nicht unterhalten. Am Ende der Wiese erschien eine hell leuchtende Kutsche. Um nicht von den glitzernden Strahlen und dem hellen Leuchten geblendet zu werden, blickten Wodan und Haino gebeugt auf den Boden. Nach einigen kurzen Augenblicken hielt eine herrliche Kutsche vor ihnen. „Ihr kommt also aus dem Hainichwald? Du, mit der Zwergenmütze, bist sicher der Hainichwichtel Haino! Und du, mit den großen Augen, bist bestimmt das Drachenkind Wodan! Seid herzlich willkommen auf meinem Schloss „Hohe Sonne“.