Drei Monate Fabrikarbeiter und Handwerksbursche von Paul Göhre | Ein praktische Studie. Leipzig 1906. | ISBN 9783883721026

Drei Monate Fabrikarbeiter und Handwerksbursche

Ein praktische Studie. Leipzig 1906.

von Paul Göhre
Buchcover Drei Monate Fabrikarbeiter und Handwerksbursche | Paul Göhre | EAN 9783883721026 | ISBN 3-88372-102-6 | ISBN 978-3-88372-102-6
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Drei Monate Fabrikarbeiter und Handwerksbursche

Ein praktische Studie. Leipzig 1906.

von Paul Göhre
Paul Göhre arbeitete als evangelischer Geistlicher quasi 'under cover' in einer Maschinenfabrik.
Die nachstehenden Mitteilungen sind auf Grund ausführlicher Notizen, die ich während meiner Arbeiterzeit aufgezeichnet habe, gemacht worden. Einiges ganz Wenige davon ist aus Artikeln, die ich im vergangenen Herbste in die 'Christliche Welt' über meine Erlebnisse geschrieben habe, herüber genommen. Die Lückenhaftigkeit meiner Mitteilungen gestehe ich ein. Das ist bei einem nur dreimonatigen Studium selbstverständlich. Was ich aber gesehen und gefunden habe, versuchte ich mit der Objektivität darzustellen, die nur immer einem Menschen möglich ist, der nicht aus seiner Haut heraus kann. Ich warne dann noch ernstlich vor einer Verallgemeinerung der von mir gefundenen Ergebnisse. Ich gebe zu bedenken, dass alles, was ich berichte, nur für die sächsischen Industriearbeiter Geltung hat.
Ich habe das Buch meinen ehemaligen Arbeitsgenossen in der Fabrik gewidmet als ein Zeichen des Gedenkens, der aufrichtigen Liebe und Zuneigung, die ich immer gegen sie hegen werde. Sie mögen darin das Bekenntnis sehen, dass ich meine ganze Lebenskraft in den Dienst ihrer Sache stellen will. Trotzdem bin ich auf Verdächtigungen gefasst. Aber ihnen allen gegenüber erhebe ich den Anspruch, dass ich, selbst aus einfachsten Kreisen herausgewachsen, es nicht weniger ehrlich mit ihnen meine, als es andere von sich behaupten. Mit einem Appell an meine Alters- und Standesgenossen möchte ich diese Worte beschließen. Ich bitte sie dringend, es mir nachzutun, allein oder zu zweien, aber mit offenem Visier, zu keinem anderen Zwecke, als die ärmeren Mitbrüder und ihre Lage, ihre Gedanken, ihr Sorgen und ihr Sehnen kennen zu lernen, ihnen durch solche Opfer die Liebe und Achtung zu zeigen, auf die sie einen Anspruch haben, und im künftigen Berufe dann vorurteilslos und ernst da für sie einzutreten, wo immer sie Recht haben.